Mensch und Ratten

 

Während langer Zeit war das Zusammenleben von Menschen und Ratten wenig harmonisch. Erst seit gut hundert Jahren werden Ratten als Heimtiere gehalten.

 

Wir erinnern uns: Ratten lebten schon sehr lange in der Nähe des Menschen. In den Vorratskellern menschlicher Siedlungen fanden sie stets ein reiches Nahrungsangebot. Wilde Ratten waren Vorratsschädlinge. Man beschrieb sie immer wieder als eklig, weil sie in Kanalisationen und an anderen schmutzigen Orten leben. Ratten galten als Überträger von Krankheiten. Ihr Ruf war lange Zeit dermassen schlecht, dass man sie erbittert mit Fallen und Giften bekämpft hat.

 

Im 19. Jahrhundert waren vor allem in England und in den USA Rattenschaukämpfe eine beliebte - und auch grausame - Freizeitbeschäftigung der Unterschicht. Rattenfänger fingen dafür wilde Ratten. Und Mitte des 19. Jahrhunderts hat man auch begonnen, Ratten zu züchten - für die Schaukämpfe und als Versuchstiere in Labors.

 

Seit Ende des 19. Jahrhunderts werden Ratten auch als Heimtiere gehalten, weil den Menschen damals aufgefallen ist, wie intelligent sie sind und wie gut sie sich zähmen lassen. Die heute bei uns als Heimtiere gehaltenen Ratten sind Nachkommen der gezüchteten Laborratten (die wiederum von wilden Wanderratten abstammen).

Ratten an sich

 

Ratten sind sehr intelligent und anpassungsfähig. Ihre Geschichte ist eng mit dem Menschen verbunden. Die Neugier der Ratten und ihre Zutraulichkeit machen sie zu idealen Heimtieren.

 

Die heute als Heimtiere gehaltenen Ratten sind Nachkommen von Laborratten - und diese stammen wiederum von wilden Wanderratten ab, deren ursprüngliche Heimat Asien ist. Früher lebten sie vor allem in selbst gegrabenen Erdhöhlen. Ratten können sehr gut schwimmen und erbeuten ihre Nahrung gerne im Wasser. Daher leben sie oft in den Uferbereichen von Gewässern.

 

Ratten sind von Natur aus neugierig und können mit der Zeit zutraulich werden. Sie sind sehr sozial und haben einen ausgeprägten Spieltrieb. Ratten können sogar Menschen als Sozialpartner akzeptieren. Allerdings leiden Ratten auch, wenn sie ohne Partner leben müssen oder einen Sozialpartner verlieren.

 

Die Anpassungsfähigkeit erlaubte es den Ratten bereits vor mehreren Jahrhunderten, sich über die ganze Erde auszubreiten. Ratten suchten schon vor langer Zeit die Nähe zu menschlichen Siedlungen mit ihrem breiten Nahrungsangebot. Heute leben wilde Ratten überall dort, wo sie einerseits genügend Nahrung vorfinden und andererseits Schlupfwinkel finden. In der Nähe des Menschen sind dies Keller und Kanalisationen. Frei lebende Ratten gelten auch als Vorratsschädlinge, welche man wo immer möglich zu vernichten versucht.

 

Zwar können Ratten gezähmt werden, doch hat man sie - im Gegensatz etwa zu Hunden, Katzen, Rindern und Schweinen - kaum gezielt für das Zusammenleben mit dem Menschen gezüchtet. Auch wenn die heute als Heimtiere gehaltenen Ratten schon seit mehreren Generationen in Gefangenschaft leben, haben sie noch sehr ähnliche Bedürfnisse wie ihre wilden Verwandten.

Mit Ratten umgehen

 

Ratten sind dankbare Heimtiere und eignen sich auch für grössere Kinder – sofern diese nicht die alleinige Verantwortung für die Betreuung tragen. Aber aufgepasst: Wenn sich Ratten bedrängt fühlen, wehren sie sich mit Beissen.

 

Mit Ratten ist verhältnismässig leicht umzugehen. Es ist für sie kein Stress, wenn man sie streichelt oder auf die Schulter nimmt. Deshalb sind Sie als Heimtiere für Kinder besser geeignet als etwa Meerschweinchen. Ratten sind sehr neugierige Tiere, sie interessieren sich für den Menschen und kommen neugierig auf ihn zu.

 

Gerade weil mit Ratten so leicht umzugehen ist, werden sie oft ausgiebig gehätschelt und aus der Hand gefüttert. Wenn man dabei vorsichtig ist und minimale Hygienestandards einhält, ist dies kein Problem.

 

Zwar galten wilde Ratten lange Zeit als unsauber, weil sie in Abwasserkanälen leben. Diesen schlechten Ruf haben sie aber zu Unrecht: Ratten sind grundsätzlich sehr reinliche Tiere. Dennoch können sie gewisse für den Menschen gefährliche Krankheitserreger auf sich oder in sich tragen. Wenn Sie Ratten aus der Hand füttern, achten Sie also darauf, dass Sie nicht gebissen werden.

Ratten richtig halten

 

Ratten sind sehr soziale Nagetiere. Sie leben natürlicherweise in Sippen und stellen das Wohlergehen der Gruppe über alles. Ratten dürfen darum niemals einzeln gehalten werden. 

Das Rattenheim

 

Ratten brauchen ein genügend grosses Rattenheim. Genau so wichtig wie die Grösse des Heims ist auch dessen Einrichtung: Sie müssen ausreichend Spiel-, Versteck- und Beschäftigungsmöglichkeiten bieten.

 

Gesetzlich vorgeschrieben ist ein Rattenheim mit einem Volumen von mindestens 0,35 Kubikmeter und einer Grundfläche von mindestens einem halben Quadratmeter für bis zu fünf Ratten. Dem würde ein Heim von 60 x 100 x 60 Zentimeter entsprechen. Doch diese Masse sind das absolute Minimum. Ihre Ratten werden Ihnen dankbar sein, wenn Sie ihnen mehr Platz bieten. Bedecken Sie den Boden des Rattenheims mit geeigneter Einstreu, zum Beispiel mit Hanfstroh oder Maisgranulat. Ratten buddeln und graben gerne darin.

 

Ratten sind Fluchttiere und ziehen sich in Ruhephasen gerne ins sprichwörtliche "Rattenloch" zurück. Das Rattenheim muss daher eine oder mehrere Rückzugsmöglichkeiten oder Unterstände enthalten. Alle Tiere müssen darin Platz finden. Wir erinnern uns: Ratten sind sehr soziale Tiere. Daher ist ein grosser Unterstand für alle Tiere besser als mehrere kleinere.

 

Als Fluchttiere sind Ratten natürlicherweise auf der Hut vor Raubvögeln. Das Rattenheim platzieren Sie deshalb am Besten auf Tischhöhe an einem festen Platz in der Wohnung. Steht das Heim direkt auf dem Boden, setzt man die Ratten unter Stress.

 

Übrigens: Aquarien oder Terrarien eigenen sich nicht als Rattenheim. In solchen ist der Luftaustausch nicht gewährleistet. Der aus dem Urin entstehende Ammoniak kann sich ansammeln und die Atemwege der Ratten übermässig reizen, was zu Atemwegserkrankungen führen kann.

Futter und Wasser

 

Ratten sind von Natur aus Meister der Anpassung. Das heisst auch, dass sie praktisch alles fressen können. Wie bei allen Lebewesen gilt auch bei Ratten: Weniger Nahrung ist manchmal mehr, denn auch diese Tiere können zu dick werden.

 

Als Grundfutter ist ein vielseitiges Körnerfutter gut geeignet, das im Zoofachhandel erhältlich ist. Darüber hinaus lieben Ratten Grünfutter, Viertelfettkäse, Äpfel oder andere Früchte und trockenes, möglichst hartes Brot. Zudem muss unbedingt vielseitiges und grob strukturiertes Futter angeboten werden. Es hilft den Tieren, die Zähne abzunützen. Denn diese wachsen während des ganzen Lebens nach.

 

Beachten Sie: Auch Ratten können zu dick werden. Geben sie daher Fetthaltiges wie Nüsse und Sonnenblumenkerne nur als kleine Belohnungen und schauen Sie, dass Ihre Ratten genügend Bewegung haben.

 

Ratten können nicht erbrechen und rülpsen, weil eine Falte zwischen Vor- und Hauptmagen sie daran hindert. Sie dürfen ihren Ratten daher keinesfalls klebrige Nahrung füttern - Ratten können daran ersticken. Auch kohlensäurehaltige Getränke sind tabu! Das Verschlucken von Kügelchen und dergleichen führt zu grossen Problemen, mitunter gar zum Tod!

 

Ratten haben einen schnellen Stoffwechsel. Sie nehmen daher nicht viel Futter auf einmal auf, sondern mehrere kleinere Portionen über den ganzen Tag verteilt. Wegen des schnellen Stoffwechsels haben sie auch einen hohen Flüssigkeitsbedarf. Ihnen muss daher ständig frisches Trinkwasser in einer Trinkflasche zur Verfügung stehen. Ohne Wasser würden sie schnell verdursten.

 

Übrigens: Zimmerwarmes Wasser eignet sich auch gut zum Baden. Viele Ratten baden gerne - sie sind buchstäbliche "Wasserratten".

Sozialkontakte

 

Ratten sind sehr soziale Tiere, sie brauchen den sozialen Austausch mit Artgenossen. Auch als Heimtiere müssen sie deshalb mindestens zu zweit gehalten werden. Ideal ist eine Gruppe von zwei bis sechs Tieren.

 

In der Natur leben Ratten in grossen Trupps, die mehrere Dutzend bis mehrere hundert Tiere umfassen können. Diese Rattensippen sind sozial organisiert, es gibt eine Rangordnung.

 

Als ausgesprochen soziale Tiere sind Ratten nur in der Gruppe glücklich. Auch wenn eine Ratte nahe mit einem ihr vertrauten Menschen zusammen lebt, kann der Mensch die Artgenossen nicht ersetzen. Bei einzeln gehaltenen Ratten kommt es zu Verhaltensstörungen. Deshalb müssen Ratten mindestens zu zweit gehalten werden.

 

Beispiele für das äusserst soziale Verhalten wildlebender Ratten gibt es viele: So zeigen sie etwa ihren Artgenossen, wo sie Futter gefunden haben. Und bei unbekanntem Futter opfert sich ein Tier der Gruppe als Vorkoster. Die anderen fressen erst vom Futter, wenn der Vorkoster überlebt hat. Auch gibt es bei den Ratten eine natürliche Geburtenregulierung, wenn zu viele Ratten auf engem Raum leben. Weibchen bringen dann weniger Junge zur Welt und tragen so dazu bei, dass die ganze Gruppe genügend Nahrung hat.

 

Ratten erkennen einander individuell am Geruch. Treffen sich in der Natur Gruppen von Ratten, die sich fremd sind, kommt es zu Streitereien und Kämpfen. Auch bei Ratten als Heimtieren ist es schwierig, neue Tiere mit einer bestehenden Gruppe zu vereinen. Es kann zu Attacken und Beissereien kommen. Am einfachsten werden Gruppen von Ratten als möglichst junge Tiere zusammengesetzt - etwa im Alter von vier bis zwölf Wochen. Anspruchsvoller sind Zusammenführungen älterer Tiere. Lassen Sie sich dazu bei erfahrenen Rattenhaltern oder Rattenhalterinnen beraten

Spiel und Beschäftigung

 

Ratten haben als Nagetiere ein natürliches Nagebedürfnis. Sie knabbern praktisch an allem oder zerbeissen, was man in ihr Heim gibt. Das ist auch gut so. Denn Ratten müssen sich beschäftigen können und ihre Zähne abnützen.

 

Geben Sie Ihren Ratten möglichst viele Objekte ins Heim, mit denen sie sich beschäftigen können. Nageobjekte sind besonders wichtig: Holz oder frische Äste von ungiftigen und ungespritzten Laubbäumen eignen sich dafür sehr gut. Nadelhölzer sind wegen der darin enthaltenen Gerbstoffe und dem Harz nicht geeignet. Die Zähne der Ratten wachsen während des ganzen Lebens. Ratten müssen sie durch regelmässigen Gebrauch abwetzen.

 

Ratten beschäftigen sich auch gerne mit Leitern, Schaukeln und Seilen. Sie sind so anpassungsfähig, dass sie sich mit vielem beschäftigen können. Ratten freuen sich an natürlichen Objekten aller Art, die sie gerne anknabbern oder zerbeissen, zum Beispiel an leeren WC-Papierrollen. Bücher sind wegen des Leims nicht geeignet. Und denken Sie daran, dass Sie Ihren Nagetieren keine Kunststoffobjekte geben sowie keine Spiegel, Metalle (ihre Zähne könnten daran zerbrechen) und keine scharfkantigen Objekte (Verletzungsgefahr).

 

Im Gegensatz etwa zu Kaninchen oder Hamstern sind Ratten keine Renntiere. Sie drehen keine Runden in ihrem Heim, sondern lieben viel eher das Stöbern und Entdecken. Bedenken Sie: Die Einrichtung des Rattenheims ist entscheidend. Objekte, mit denen Ratten Höhlen bilden können, lieben sie über alles. Und übrigens: Ein mit Laub gefüllter Karton hat schon manche Ratte in Begeisterung versetzt.

Mit Ratten unterwegs

 

Ratten nach draussen mitzunehmen, ist keine gute Idee. Denn für die Ratte ist es kein grosses Vergnügen, von Menschen auf der Schulter oder in der Jackentasche überall hin mitgenommen zu werden.

 

Draussen können Greifvögel und Hunde für Ratten zur Gefahr werden. Wenn Ratten erschrecken oder den Geruch von wildlebenden Artgenossen wittern, können sie entfliehen. Dabei ist es oft schwierig, sie wieder einzufangen. Zudem können sie draussen von anderen Tieren gejagt oder von Autos überfahren werden und sich bei wildlebenden Tieren mit Krankheiten anstecken. Bei gewissen Krankheiten besteht auch die Gefahr einer anschliessenden Übertragung auf den Menschen.

 

Auf gar keinen Fall sollten Sie eine Ratte nach draussen mitnehmen ohne ihr eine Versteckmöglichkeit zu bieten, zum Beispiel in einer Jackentasche. Und vermeiden Sie es unter allen Umständen, zum vermeintlichen Spass andere Passanten mit einer aus der Jackentasche gezogenen Ratte zu erschrecken!

 

Wenn sie in die Ferien fahren, muss sich jemand um Ihre Tiere kümmern. Es ist zwar erlaubt, Ratten zwischen der Schweiz und der EU in beiden Richtungen über die Grenze mitzunehmen - sofern es sich um Heimtiere und keine Handelsware handelt. Gesundheitszeugnisse sind dafür nicht nötig. Dennoch ist es meist besser, wenn jemand Ihre Ratten während ihrer Ferienabwesenheit betreut. Am besten tut dies jemand, der mit dieser Tierart vertraut ist.

 

Suchen Sie rechtzeitig eine "Ferienvertretung" und stellen Sie das Futter bereit. Auch während Ihrer Abwesenheit ist es wichtig, die Ratten täglich zu beobachten. Denn es kann auch sein, dass sie just während Ihrer Abwesenheit krank werden oder sich eine Verletzung zuziehen.

Gesundheit

 

Ratten können krank werden. Sehr häufig erkranken sie im Alter von ein bis zwei Jahren an Krebs. Es ist wichtig, mit ihnen von jung an viel Zeit zu verbringen und sie zu beobachten. So erkennen Sie besser, wenn sich ihr Verhalten oder ihr Erscheinungsbild ändert. Veränderungen sind ein Indiz dafür, dass einer Ratte etwas fehlen könnte.

 

Anzeichen, dass es Ihrer Ratte schlecht geht, sind apathisches Verhalten, Appetitlosigkeit, ein hochgewölbter Rücken, struppiges Fell, trübe, nicht völlig geöffnete oder tränende Augen, schlaffe Barthaare. Bei Anzeichen, dass eine Ratte krank oder verletzt ist, müssen Sie mit ihr zum Tierarzt gehen.

 

Besonders häufig sind bei Ratten Atemwegserkrankungen. Um diesen vorzubeugen, ist es wichtig, sie sauber zu halten, ausgewogen zu ernähren und Stress zu vermeiden. Sie sind so weniger krankheitsanfällig. Ein sauberes Heim ist Voraussetzung für ein gesundes Leben.

 

Ratten - selbst solche, die nur in einer Wohnung gehalten werden - können auch von Parasiten befallen sein. Zudem können Ratten in seltenen Fällen Krankheiten auf den Menschen übertragen - zum Beispiel Leptospirose oder Kuhpocken. Weit häufiger stecken jedoch Menschen Ratten an - etwa mit Erkältungen.

 

Achten Sie deshalb bei der Haltung von Tieren auf die Hygiene und die Gesundheit - sowohl jene Ihrer Tiere (durch regelmässiges Beobachten) als auch jene der Menschen. Dies hilft, Krankheiten frühzeitig zu erkennen und Übertragungen möglichst zu verhindern.

Text übernommen von:

 

BVET / Bundesamt für Veterinärwesen

 

http://www.bvet.admin.ch/